Quantcast
Channel: Streng vertraulich! Das WELT Investigativ Blog » Offshore
Viewing all articles
Browse latest Browse all 3

Steuerfahndung: Die Container von den Caymans

$
0
0

Steuerfahndung: Die Container von den Caymans

Container

Es gibt Recherchen, die beginnen vielversprechend. Wir bekamen einen Hinweis, dass der Zoll Ende Mai im Hamburger Hafen eine hochbrisante Entdeckung gemacht haben soll. In zwei Containern, die mit dem Schiff aus der Karibik gekommen waren, entdeckten die Beamten angeblich umfangreiche Dokumente über Offshore-Geschäfte in der Karibik – in einer in Deutschland nie dagewesenen Menge. Kundenunterlagen der Schweizer Coutts Bank. Um genau zu sein: von einem Ableger des Geldinstituts auf den Cayman Islands.

Eine Schweizer Bank, ein Frachtschiff aus der Karibik, brisante Dokumente, die in Deutschland abgefangen wurden? Die Informationen deuteten auf eine große Geschichte hin – wenn sie denn stimmten. Denn Nordrhein-Westfalen hatte vor zwei Jahren, im Sommer, eine Steuer-CD genau jener Bank gekauft. Der Fall liegt bei der Steuerfahndung und der Staatsanwaltschaft in Düsseldorf. Die Behörden ermitteln gegen rund 1200 mutmaßliche deutsche Steuerbetrüger.

Weshalb wurden die Dokumente im Hamburger Hafen beschlagnahmt? Was könnten die Unterlagen verraten? Und warum sollte in Zeiten der Digitalisierung ausgerechnet eine solche Menge womöglich hochbrisanter Unterlagen als Papier durch die Welt geschippert werden – wo doch vor allem in Deutschland die große Gefahr besteht, dass sich der Zoll für Transporte aus der Karibik interessiert. Zum Beispiel wegen Drogen.

Wir machten uns an die Recherche. Und stießen dabei anfangs gegen viele Wände. Wir hatten einige lose Anhalstpunkte, aber wenig Handfestes, Verwertbares – also noch lange keine Geschichte. Egal ob Staatsanwaltschaft, Steuerfahndung oder Zoll: Schon nach den ersten Telefonaten hörten wir geradezu gebetsmühlenartig einen Satz. “Das Steuergeheimnis verbietet es mir, darüber zu reden.” Offenbar waren recht wenige Menschen in den Einsatz im Hamburger Hafen eingeweiht. Das galt auch für jene Stellen, die eigentlich informiert sein könnten.

Mühsam, mit kleinen Fortschritten konnten wir trotzdem Stück für Stück  die Geschichte der Container und ihrer Fracht im Hamburger Hafen rekonstruieren.

Als wir hörten, dass die Container in Jamaika verladen wurden, durchforsteten wir die Listen der Frachtschiffe, die im Mai in Hamburg eingelaufen waren. Und stießen dabei auf die “EM Corfu”: einen Frachter, der unter zypriotischer Flagge in regelmäßigen Abständen die Route Karibik-Baltikum befährt. Und am späten Abend des 29.Mai in Hamburg eingetroffen war. Mit einer Lieferung aus Kingston, Jamaika.

Wir hörten, dass die Container der Coutts-Bank vom Hamburger Zoll wohl zufällig kontrolliert worden waren, bei einer Routinekontrolle nach Drogen. Angeblich, so sagte uns ein Informant, sei die Fracht für den Weitertransport in die Schweiz bestimmt gewesen.

Medienberichten war zu entnehmen, dass die Coutts-Bank in den vergangenen Jahren ihre weltweiten Filialen reduziert hatte. Statt in 170 Ländern ist die Bank nur noch in 70 aktiv. Die Filiale auf den Cayman Islands mit rund 30 Mitarbeitern hatte Coutts im November 2013 geschlossen. Hatte die Bank einfach alle Kundenunterlagen in zwei Container gesteckt und per Schiff nach Europa transportieren lassen?

Im Juli 2012 hatte Nordrhein-Westfalen eine Steuer-CD der Coutts-Bank erworben.  In Düsseldorf sind Staatsanwaltschaft und Steuerfahndung seitdem auf der Jagd nach Steuerbetrügern unter den Coutts-Kunden. War die Angst vor einer weiteren Steuer-CD möglicherweise der Grund, bergeweise Papier per Frachtschiff aus der Karibik in die Schweiz zu bringen? Wir konfrontierten die Bank mit unseren Informationen.

Das Ergebnis unserer Recherche ist ein zweiseitiger Report in der “Welt am Sonntag”. Viel Spaß beim Lesen!

 

 

 

 

Streng vertraulich! Das WELT Investigativ Blog


Viewing all articles
Browse latest Browse all 3

Latest Images

Trending Articles





Latest Images